Weißenburg in Bayern (in Mittelfranken!)
Nach der Woche im Nördlinger Ries 2021, bei dem auch das Altmühltal besucht wurde, stand jetzt das Altmühltal selbst im Mittelpunkt. Wegen der großen Bedeutung der Römer in der Region wurde das Thema in die Touren einbezogen.
Weißenburg - Mehrtagestour des ADFC Ratingen vom 24. August bis 1. September 2024
Im Sommer 2021 war der ADFC Ratingen schon einmal in Bayern, da aber im Nördlinger Ries, also auf der westlichen Seite des Altmühltales. Eine der Tagestouren führte auch an die Altmühl. Die Landschaft an der Altmühl begeisterte die Gruppe sehr. So entstand die Idee, auch das Altmühltal mal als Schwerpunktgebiet zu besuchen.
Die Stadt Weißenburg (in Bayern, aber besser in Mittelfranken) bietet dafür einen guten Ausgangspunkt. Weißenburg selbst hat eine lange Geschichte, die schon bei den Römern begann, und verfügt über eine schöne geschlossene Altstadt. Dazu verlief in der Nähe eine lange Strecke des Limes.
Damit waren die Themen der Tour klar: Weißenburg, die Römer (mit Limes) und das Altmühltal. Der Kreis Weißenburg-Gunzenhausen deckt das Thema passend regional sehr gut ab.
Samstag, 24.08.2024: Anreisetag
Unsere Tourenleiter Burkhard und Dieter, unterstützt durch Manfred, erledigen Schwerstarbeit: 31 Räder werden im Fahrradanhänger der Firma Adorf verstaut. Alles wird gut festgezurrt. Eine gemeinsam mit uns nach Weißenburg anreisende Gruppe des ADFC Erkrath ist mit 10 Rädern dabei. Um Viertel nach Neun geht es dann fast pünktlich los.
Am späten Nachmittag stehen wir endlich vor der historischen Weißenburger Altstadt. Von dort müssen die Koffer und Räder ein paar hundert Meter über Kopfsteinpflaster bis zum Hotel am Ellinger Tor gerollt werden, denn der Bus kann nicht in die Altstadt fahren.
Zum Abend erhalten wir in den „Andreasstuben“ einen ersten Eindruck von der etwas kräftigeren fränkischen Küche. Anschließend schaffen wir es sogar noch zur Kirchweih - der immer im August stattfindenden Kerwa -, einer historischen Kirmes, die am nächsten Abend mit einem Feuerwerk enden wird.
Sonntag, 25.08.2024: Altmühltal - Solnhofen - Karlsgraben
Nach einigen An- und Abstiegen und ersten Tests der verschiedenen Wege- oder Straßenbeläge, die schon einmal einen Vorgeschmack auf die kommenden Tage geben, rollen wir ordentlich – Verkehrsschildhinweis: Gefälle 16%. Abfahrt auf eigene Gefahr! – zur Altmühl bergab. Einsetzender Regen geht bis auf die Haut. Die beeindruckenden „Trockenhänge“ bei Dollnstein werden ihrem Namen nicht gerecht, doch der „Gasthof zum Kirchenschmidt“ vor Ort lässt uns etwas Zeit zur Trocknung. Am frühen Nachmittag, nach einer kurzen „Fotopause“ – mit Gelegenheit sich umzuziehen, denn es hat aufgehört zu regnen - beim Trockenhang „Zwölf Apostel“ erreichen wir Solnhofen, die Stadt des Steindrucks und des Urvogels Archaeopteryx. Das Bürgermeister-Müller-Museum erinnert uns hieran. Vor 150 Millionen Jahren befand sich hier eine Lagune im Urmeer Thethys. Einige Kilometer weiter passieren wir die Weidenkirche in Pappenheim und blicken auf die hochgelegene Burg.
Einige Kilometer flussaufwärts, vorbei an Treuchtlingen, schlenkern wir noch zum historischen Karlsgraben. Hier versuchten schon die Ingenieure Karls des Großen, Rhein, Main und Donau durch eine Wasserstraße zu verbinden. Hiervon zeugt noch eine 500 Meter lange Wasserfläche. Ziel ist die Gaststätte „Zum Karlsgraben“, die am Abend bestimmt niemand von uns hungrig verlassen hat.
Einige haben danach noch Proviant für den nächsten Tag!
Montag, 26.08.2024: Äpfel - Altmühlsee - bunte Regenschirme
Zusätzliche Vitamine zum guten Hotelfrühstück gibt es - dank wilder Apfelbäume - schon nach kurzer Fahrt an einer Landstraßenböschung bei Weimersheim. Über Stopfenheim und Theilenhofen geht es weiter zur Altmühl und dann nach Gunzenhausen, wo beim Passieren der Hauptstraße (Marktplatz) bunte Regenschirme über unseren Köpfen schweben.
Am Altmühlsee lädt das Seerestaurant „Strandblick“ zu einer längeren Pause ein. Bei unserer Weiterfahrt begleiten wir - meist unsichtbar für uns - den Altmühlüberleiter*, einen auf etwa drei Kilometer unterirdischen Kanal zwischen Altmühlsee und Kleinen Brombachsee, den wir südwestlich streifen. Einige Kilometer später bewähren sich unsere Schiebehilfen bei enormer Steigung durch Gras und Schotter, hinauf zum Mistelberg südlich von Thannhausen.
Angekommen in der Golfanlage Zollmühle - als unserem heutigen Abendrestaurant - bei Ellingen erfreuen wir uns leckerer Pizzen und Flammkuchen.
* Der rund 9 km lange Altmühlüberleiter verbindet den Altmühlsee mit dem etwa vier Meter tiefer gelegenen Kleinen Brombachsee. Kernstück ist ein etwa drei Kilometer langer Stollen, der unter einem Höhenrücken die Wassereinzugsgebiete von Donau und Rhein überwindet (Europäische Hauptwasserscheide). So erhält der Brombachsee für das wesentlich trockenere Regnitz-Maingebiet (Rheineinzugsbereich) sehr viel zusätzliches Wasser.
Dienstag, 27.08.2024: Römer in Weißenburg – Treuchtlingen - Märzenbier
Biriciana war eine römische Siedlung, wenige hundert Meter westlich der viel später entstandenen Weißenburger Altstadt. Ein Urfranke erwartet uns zu einer Führung durch die römischen Thermen. Eine moderne lichtdurchflutete Halle schützt die kostbaren Ausgrabungen unter unseren Füßen. Wir erfahren, dass außer Baden auch Sport, Spiel und Gespräche angesagt waren.
Nahebei sicherte das Kastell Biriciana mit einer Garnison den Limes. Das Kastell stammt aus der Zeit um 90 n. Chr. und war eines der größten Reiterkastelle am raetischen Limesabschnitt.
Bei zunehmender Hitze sehnen wir uns bei der Weiterfahrt nach einem lauschigen Biergarten. Der „Grieche“ in Markt Berolzheim hat zu. Ein benachbartes Storchennest auf einem alten Fabrikschornstein weckt unser Interesse. Der Landgasthof „Zum Hirschen“ in Wettelsheim rettet uns dann. Die anschließende Abendeinkehr im „Wettelsheimer Keller“ erlaubt nur eine Kostprobe vom Wettelsheimer Märzen, denn wir haben hinunter in die Ebene der Altmühl noch elf Kilometer Rückweg.
Mittwoch, 28.08.2024: Tag zur freien Verfügung
Am Mittwoch wird üblicherweise kein Programmangebot seitens der Tourenleiter gemacht. Man kann machen, was man will.
Einige von uns schauen sich Weißenburg genauer an. Ein anderes Grüppchen klopft Kalkschiefer in der Nähe von Solnhofen und findet tatsächlich Fossilienabdrücke. Andere besuchen die Bischofsstadt Eichstätt.
Donnerstag, 29.08.2024: Wülzburg - Limes bei Burgsalach
Mehr als 200 Meter oberhalb von Weißenburg liegt die ehemalige Hohenzollernfestung Wülzburg auf der mit 630 Metern höchsten Bergkuppe der südlichen Frankenalb. Über Spitzkehren mit einigen Höhenmetern erreichen wir die Renaissancefestung. Das imposante Eingangsportal beeindruckt. An einem Modell der Anlage beginnt unsere Führung. Freudig betreten wir, ausgestattet mit LED-Scheinwerfern, dunkle Verliese mit angenehmen Höhlentemperaturen. Wir erahnen die Härte und Willkür des damaligen Markgrafen. Die Festung diente lange auch als Gefängnis – oft ohne eine Perspektive auf Freiheit. Später jedoch entkam z.B. Charles de Gaulle als Gefangener im Ersten Weltkrieg der Festung. Wie wir erfuhren, lernte er dort nicht deutsch, sondern fränkisch – was denn sonst?
Gestärkt und gelabt im schattigen Garten des Burgcafés radeln wir danach in Richtung Burgsalach zum Römererlebnispfad. Links unseres Weges verbergen sich in einem Wäldchen die Mauerreste einer römischen Gaststätte („Burgus“). Einige Kilometer weiter informiert der Pavillion „Babaricum“ mit Schautafeln und Faltblättern. Im weiteren Limesverlauf sticht die Rekonstruktion eines römischen Wachturms ins Auge. Zur abschließenden Rast kehren wir im Naturfreundehaus von Weißenburg ein.
Der gefahrene Weg passt hervorragend zum Ziel: immer durch Natur! Alle Räder haben es überstanden.
Freitag, 30.08.2024: Römisches Kastellbad – Gunzenhausen - Störche
Vor Theilenhofen rasten wir an einem idyllischen Fischweiher. Später besuchen wir Reste eines Römischen Kastellbades, zufällig entdeckt in Folge einer Flurbereinigung.
Gunzenhausen ist das Tagesziel. Dort passieren wir den Blasturm, das letzte hier erhaltene Stadttor (leider ohne Türmer). Am Stadtmuseum nebenan parken wir unsere Räder unter den wachsamen Augen des mit seinem Dreizack bewaffneten Neptun. Wir schwärmen aus in die Hauptstraße (manche auch nur in den nächsten Laden mit sportlicher oder leichter Kleidung), die mittlerweile reichlich bunte Schirme eingebüßt hat. Nachmittags verlassen wir die Stadt, vorbei an der mit Windungen und kleinen Tümpeln naturnah gestalteten Altmühl. Hinter dem Örtchen Aha – das heißt wirklich so! - sehen wir ein Feld voller Störche. Später spendet uns ein stählerner Storchbrunnen sehr willkommenes und erfrischendes Trinkwasser. Wir können zum Glück unsere mitgeführten Flaschen füllen, denn Biergärten sind nicht geöffnet.
Für unseren Abendaufenthalt erreichen wir das Gasthaus „Rockenstube“ in Emetzheim.
Samstag, 31.08.2024: Rund um den Kleinen und Großen Brombachsee
Über Stopfenheim und Thannhausen fahren wir zum Kleinen Brombachsee. Beim Biergarten vor dem Strandhotel „Seehof“ halten wir mittags Rast. Unser Blick auf den Südstrand wird zwar ein wenig von einem SUP- und Kajakcenter verstellt, hindert aber nicht daran, entweder ins oder auf das Wasser zu gehen (baden oder SUP=StandUpPaddling). Doch zuvor hatten wir schon einen Strandkilometer radelnd genossen.
Weiter westwärts überqueren wir auf einem Brückchen den auf hundert Meter Breite angewachsenen Altmühlüberleiter, der hier in den Kleinen Brombachsee übergeht. Nordseitig der beiden, nur durch eine Staumauer getrennten Seen, genießen wir noch viele Strände und fröhliche Menschen. Auf der Ostseite radeln wir auf der Staumauer des Großen Brombachsees, welche das Tal der Schwäbischen Rezat (Rheineinzugsgebiet) vor den Wassermassen der Brombachseen schützt. Über Pleinfeld – mit einer sehr willkommenen und längeren Pause in einem Eiscafé - geht es nach Ellingen, einer früheren Hochburg des Deutschen Ordens in der Barockzeit. Hiervon zeugen noch das imposante Schloss mit seinem Garten und den Nebenanlagen, wozu auch die „Fürst Carl Schlossbrauerei“ gehört, in dessen Biergarten wir zu Abend essen.
Sonntag, 01.09.2024: Rückfahrt und Resumée
Bus und Fahrradanhänger trafen schon am Vorabend in Weißenburg ein, sodass wir kurz nach zehn Uhr – nach inzwischen routinierter Beladung des Fahrradanhängers – losfahren konnten.
Wir freuen uns über die schöne zurückgelegte Woche, die erfreulich völlig unfallfrei verlief.
Ulrich Pickhardt