Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Ortsgruppe Ratingen

Auf dem Weg nach Emsbüren

Auf dem Weg nach Emsbüren © ADFC Ratingen

In der Grafschaft Bentheim unterwegs

Mit 18 Radlern vom 5. bis zum 11. Juli 2025 in der Grafschaft Bentheim unterwegs

Samstag 5. Juli 2025: Anreise

Nach individueller Anreise treffen wir mittags auf unsere ADFC-Mitradler sowie unsere Tourenleiter Norbert und Erhard. Das In-Side-Hotel in Nordhorn ist sehr schön und liegt zentral nahe der Innenstadt. Allerdings brauchen wir etwas, bis wir den Weg aus der Tiefgarage zu unserem Zimmer im 2. OG durch mehrere Sicherheitstüren und einem weiteren Hotelbau und dem Aufzug gefunden haben. Ab dem 3. Tag klappte das dann bestens.

Schon gleich am ersten Tag sehen wir viel von der „Wasserstadt Nordhorn“, die umgeben von Wasserarmen der Vechte, auf einer Art Insel liegt. Unser Stadtführer erklärt uns, wie die Verantwortlichen es in wenigen Jahrzehnten geschafft haben, aus einem durch Schifffahrt, Textilindustrie, Torfhandel und Chinin-Fabrikation geprägten Ort einen lebenswerten und attraktiven Raum zu schaffen, der sowohl den  ca. 50.000 Einwohnern als auch den zahlreichen Touristen viel Aufenthaltsqualität bietet. Und es gibt noch viele neue Pläne zur Verbesserung, für die der gut wirtschaftende Stadtkämmerer immer wieder Gelder zur Verfügung stellt. So soll in den nächsten Jahren aus einem öden Parkplatz ein See entstehen, angeschlossen an die Vechte. Wir müssen wohl in einigen Jahren noch einmal wiederkommen, um uns das spektakuläre Bauvorhaben anzusehen!

Leider können wir nicht alles behalten, was unser Stadtführer Interessantes zu berichten hat, soviel Wissenswertes sprudelt aus ihm heraus!

Im Anschluss begleitet er uns auf einer Bootsfahrt über die Kanäle von Nordhorn. Dabei fahren wir unter unzähligen Brücken hindurch. Bei besonders niedrigen Brücken warnt uns der Bootsführer mit seiner Schiffssirene rechtzeitig, unsere Köpfe einzuziehen bzw. uns nach vorne zu beugen.

An den Ufern sehen wir romantische Gärten und Terrassen, oft mit eigenem Bootsanleger und einem Kahn davor, eine Mischung aus Venedig und Spreewald! Unsere Bootsfahrt endet am Vechtesee, im Ausflugslokal „Pier 99“ zu Kaffee und Kuchen. Zum  Abendessen spazieren wir zum nahegelegen „El Toro“.
Vor dem Schlafengehen versammeln wir uns noch im gemütlichen „Fietsenkotten“ zu einem Zwickel-Bier.

Sonntag 6. Juli 2025 - 63 km nach Denekamp / Niederlande und Schüttdorf / Quendorfer See

Unsere erste Radtour führt uns nach Denekamp in die Niederlande, zunächst am Nordhorn-Almelo-Kanal entlang. Er wurde im 19. Jahrhundert für die Kohleversorgung der Nordhorner Textilindustrie erbaut, deren Webstühle damals mit Dampfmaschinen betrieben wurden, ebenso für den Transport von Torf. Aber nach und nach versandete die Wasserstraße, so dass sich seit den 60er Jahren ein Biotop für Pflanzen, Fische und Wasservögel entwickelt hat. Zur Entwässerung der Moore dient er noch heute.

Wir bestaunen die traumhaft gelegenen Landhäuser am Kanal mit riesigen Grundstücken, viele mit Reet-Dächern, und können uns kaum entscheiden, in welchem wir lieber wohnen wollten. Aber wir genießen auch die wunderschöne Natur, lauschen den Vögeln und Fröschen und wundern uns, dass in den dicht besiedelten Niederlanden eine so breite Schneise für die Natur erhalten werden konnte. 

Weiter geht es nach Schüttdorf zum Quendorfer See, wo wir im stimmungsvollen „Else am See“ einkehren. Im Nieselregen radeln wir nach Nordhorn zurück. Dabei gibt eines unserer Räder ein deutliches „Piepen“ von sich. Eine Maus im Sattel? Es ist wohl eher die Sattelstütze und schnell behoben.

Zum Abendessen kehren wir in „La Gondola“ ein. Aufgrund des schlechten Wetters können wir jedoch leider nicht auf der Außenterrasse an der Vechte Platz nehmen. Aber unser Kellner entschädigt uns mit seiner Freundlichkeit und Gastfreundschaft. Wo gibt es das heute noch bei dem Fachkräftemangel?

Montag 7. Juli 2025 - 55 km nach Emsbüren

Der Weg führt uns am Ems-Vechte-Kanal entlang, bis wir nach 22 km Emsbüren erreichen. Nach kurzer Kaffeepause gegenüber der trutzigen St. Andreas-Kirche radeln wir durch eine einsame, schöne Landschaft zurück, immer mal wieder an Kanälen entlang. Einige kleinere Regenschauer zwingen uns, die Regenkleidung aus den Fahrradtaschen zu holen. Ich staune immer, wie schnell sich unsere Gruppe dann durch allerlei bunte Outfits äußerlich verändert! Das Abendessen nehmen wir im „Da Portofino“ ein. Hier bekommen wir einen eigenen Raum, den wir bald mit „fröhlichem Geschnatter“ füllen. Unsere Gruppe hat sich immer viel zu erzählen nach einem so schönen Radeltag, so dass die Tourenleiter es manchmal schwer haben, dazwischen etwas Informatives für den nächsten Tag kund zu tun! 

Dienstag 8. Juli 2025 - 59 km nach Lingen, Wietmarschen und Kloster Frenswegen

Die heutige Tour führt uns wieder am Ems-Vechte-Kanal entlang, diesmal nach Lingen. Auf einem Schotterweg Weg dorthin stürzt leider eine unserer Mitradlerinnen. Helfende fachkundige Hände versorgen die Wunde am Bein und richten das Fahrrad, so dass wir weiterradeln können. 

Dort kehren wir im Stadtcafé am großen Marktplatz ein, bevor wir weiter zum historischen Wallfahrtsort Stift Wietmarschen radeln. In der Parkanlage entdecken wir alte Gräber von Pastoren der St. Johannes-Kirche.

Das nächste historische Highlight erwartet uns mit der beeindruckenden Klosteranlage Frenswegen. Auch hier haben wir das Glück, dass uns der engagierte und kundige Vorsitzende des Fördervereins durch die vielen Gebäudeteile führt, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind. Vielleicht war er früher Lateinlehrer, denn er hat eine besondere Freude daran, unsere Lateinkenntnisse zu prüfen mit der Entzifferung der römischen Jahreszahl der Klostergründung über dem Haupteingang im 14. Jahrhundert. Wir erfahren, dass das Haus jahrhundertelang ein Ort der Theologie und der Kultur war und viele Bewohner beherbergte. Es hat etliche Kriege überstanden, diente auch der Unterbringung von Kriegsgefangenen, Zollbeamten, Stationierung von Mitgliedern der Hitlerjugend („Wehrertüchtigungscamp“) und neulich erst Flüchtlingen, was aber weniger gut gelungen ist. „Gut gemeint ist nicht immer gut getan!“

Heute ist es eine ökomenische Tagungsstätte und empfängt als Seminarhaus auch selbstorganisierte Gruppen, wie Chöre oder Instrumentalgruppen, denen sie Übernachtung und Verpflegung aus der hauseigenen Küche bietet. Diese Einnahmen tragen zur Erhaltung des großen Gebäudes bei. Eine Kostprobe der hauseigenen Küche überzeugt: Wir werden zu Kaffee und einer köstlichen Quarktorte eingeladen, die ihresgleichen sucht!

Interessant ist der moderne Anbau, der als Andachtsraum dient, mit viel Glas und weitem Blick in den Park. Hier bekommen wir durch einen Vortag weitere Einblicke in die lange Geschichte des Hauses. 
In der ehemaligen Klosterküche sehen wir alte Fliesen an der Kaminwand mit biblischen Motiven. Im Obstgarten treffen wir auf ein Labyrinth, das mehr zur Besinnung als zum Umherirren einlädt, mit einem alten Brunnen mit goldfarbener Platte im Zentrum. 
Zum Abendessen spazieren wir wieder gemütlich zu unserem Lieblingskellner im „La Gondola“ und freuen uns auf den nächsten Tag und die bisher längste Radtour unserer Radreise!

Heute radeln wir 35 km den gesamten Nordhorn-Almelo-Kanal entlang. Ich genieße diese Strecke sehr, bietet sie doch immer neue Eindrücke von diesem Naturreservat. Unmerklich wechseln wir in die niederlandische Provinz Overijssel. Wir sehen am Ufer ein romantisches Fischerhäuschen, verschieden farbige Seerosen und andere Wasserpflanzen sowie viele Enten. Ein Gänsepaar stellt sich uns als tierische Grenzposten laut schnatternd in den Weg, als wolle es dieses Stückchen Natur für sich alleine beanspruchen. Auf dem Rückweg einige Stunden später war es immer noch dort! 

Mittwoch 9. Juli 2025 - 69 km nach Almelo

In Almelo machen wir eine größere Pause und sehen uns die interessante Stadt an, direkt am Wasser gelegen. Als Einwohner mit dem Kanu zum Markt oder Restaurant zu paddeln – in Almelo ist das möglich! Der Yachthafen reicht bis in die Innenstadt. Im Krieg wurde sie mehrfach bombardiert, weil die Aliierten dort Textilfabriken vermuteten, die für die deutschen Besatzer produzieren mussten. Im April 1945 wurde sie von kanadischen Truppen befreit.  

Der Rückweg führt uns durch eine beschauliche Landschaft mit Kühen und Alpakas. Über uns am Himmel kreisen viele Störche, einige von ihnen sind im hohen Gras auf Beutezug. Wir radeln weiter über hübsche holländische Dörfer, wobei uns der malerische Ort Ootmarsum in der Region Twente besonders gut gefällt. Er gehört zur Gemeinde Dinkelland. Das kleine Flüsschen Dinkel begegnet uns mit seinen vielen Armen hier überall zwischen Wiesen und Moorflächen. In der schmalen Dorfstraße von Ootmarsum gibt es viele kleine Geschäfte und gemütliche Lokale, auf deren Terrassen es sich die Menschen bei einem Glas Wein gutgehen lassen, ein Bild wie in Südfrankreich!  Hier wären wir am liebsten vom Rad gestiegen und bis zum nächsten Tag geblieben. Aber weiter geht’s Richtung Nordhorn. Die Männer träumen schon vom Brauhaus am Abend, von deftigem Essen wie Spareribs oder Haxen sowie vom Brauhauseigenen Bier.  

Das Grafschafter Brauhaus entpuppt sich am Abend jedoch als „Schicki-Micki-Brauhaus“, ohne selbst gebrautes Bier und deftige Haxen. Männerträume zerplatzen! Dennoch findet sich einiges auf der Karte, was wir bestellen können  und gut schmeckt.

Den Abend beenden wir wie gewohnt im Hotel-eigenen Fietsenkotten beim Zwickelbier. Da musste das  Hotel noch mal nachordern, weil die Bestände mittlerweile aufgebraucht waren…

Donnerstag 10. Juli 2025 - 58 km nach Bad Bentheim und zu Hennie Kuiper

Heute radeln wir zur Burg Bentheim. Auf dem Weg dorthin nutzen wir einen von Komoot empfohlenen Radweg. Zu unserem Entsetzen stellt er sich aber als holperige Buckelpiste mit unwegsamem Bodenbelag wie Schotter und Steinen heraus. Trotz aller Vorsicht stürzt einer unser Mitradler in den Graben. Zum Glück kann er sich noch abrollen, trägt aber dennoch einige Schürfwunden und Prellungen davon, die versorgt werden müssen.

In der Burg angekommen, kehren wir in das neue „Cafe Ferdinand“ zu Kaffee und Kuchen ein. Gut gestärkt nehmen wir an einer kundigen Führung durch diese riesige Burganlage teil. Wir staunen, wie gut erhalten die Räume und deren originale Einrichtungen noch heute sind. Besonders beeindruckt mich das vollständig im romantischen Stil eingerichtete Gästezimmer der niederländischen Königin und Großherzogin von Luxemburg Emma (1858 – 1934), die hier oft ihre Schwester besuchte und über Nacht blieb.

Eines ihrer Geschenke zur Silberhochzeit der Schwester ist ein sehr großer Teppich im Esszimmer, den wir ehrfürchtig besichtigen. Eine Kutschensammlung sowie eine Rüstungskammer vervollständigen das Bild, das man sich von einer alten Burg macht.

Unsere Burgführerin zeigt uns auch den „Folterkeller“. Zum Glück verzichtete der Burgherr auf Züchtigungen, zwang jedoch seine Gefangenen, auf dem harten steinigen Boden zu schlafen. Das sei Folter genug, befand er!

Aber der Tag ist noch nicht zu Ende. Norbert hat noch ein Highlight in petto: einen Besuch auf dem Hof der bekannten niederländischen Radsportlegende Hennie Kuiper. Dazu radeln wir noch einmal zum Kanal zurück. Auf dem Hof seiner Eltern können Familien den ganzen Tag verbringen mit Spielplatzbesuchen, Reiten, Streichelzoo und nicht zuletzt ein Eis essen in seiner bekannten „Ijskuip“, was wir uns natürlich auch gerne schmecken lassen. Es gibt sogar ein Radsportmuseum, das Hennings Karriere gewidmet ist und u.a. an seinen Olympiasieg 1972 und den Weltmeistertitel 1975 erinnert. Man kann hier viele seiner Räder, Trikots, Medaillen und Pokale bewundern. 

Hungrig kehren wir nach Nordhorn zurück und freuen uns auf das Abendessen im Portofino.

An unserem letzten Abend im Fietsenkotten lassen wir das Erlebte noch einmal Revue passieren, danken unseren Tourenleitern Norbert und Erhard für die wunderbare Radelwoche, in der für alles gesorgt war. Unsere Gruppe passte perfekt zusammen. Alle haben sich gut verstanden und viele nette Gespräche geführt, Spaß gehabt und viel gelacht. Dabei hatten wir eine große Altersspanne. Uns einte die Freude am gemeinsamen Radeln.
Aber auch wir Radler bekommen lobende Worte. Sowohl die Hausdame des Hotels als auch unsere Tourenleiter bedanken sich bei uns dafür, dass wir uns (hoffentlich meistens!) sehr ordentlich benommen haben und  ihnen ihre Aufgabe mit „unserem Haufen“ leicht viel. Sicher mussten sie auch hier und da Geduld aufbringen.

11. Juli 2025 - Heimreise

Etwas wehmütig packen wir am nächsten Tag unsere Koffer und reisen heim, nach einem letzten ausgezeichneten Fühstück. Hier hatte das Internet nicht zu viel versprochen! 
Für einige von uns geht es gleich am nächsten Tag (Samstag) zur Pizzatour und am Sonntag zur „Mädelstour“.  
Mit einem nochmaligen großen Dankeschön an unsere wunderbaren Tourenleiter und der Hoffnung auf eine weitere Tour im nächsten Jahr verabschieden wir uns voneinander. 

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